VINUM-Chefredaktor Thomas Vaterlaus über Bioweine: «Die Qualität stimmt»

08. Juni 2017

Der Schweizer Bioweinpreis wird bereits zum vierten Mal verliehen. VINUM-Chefredaktor Thomas Vaterlaus bestätigt im Interview den positiven Trend hin zu mehr Auswahl und qualitativ hochstehenden Bioweinen.


Worauf achten Sie bei der Verkostung von Bioweinen?

Es gibt keine Unterschiede zwischen der Verkostung von Weinen aus biologischem und konventionellen Anbau: Wir verkosten genau gleich, das heisst blind. Alle Weine werden in Karaffen umgefüllt. Die Verkosterinnen und Verkoster wissen also nicht, was sie gerade im Glas haben. Bewertet wird nach der Zwanzig-Punkte-Skala. Einen Bio-Bonus gibt es dabei nicht. Bei solchen Verkostungen zählt einzig die Qualität im Glas. Ab 15 Punkten sprechen wir von einem empfehlenswerten Wein – einem, der Trinkspass bereitet. Die Finalweine des Bioweinpreises erreichten alle 16 und mehr Punkte.


Welchen Stellenwert hat der Schweizer Bioweinpreis für VINUM?

Diese grösste Verkostung von Bioweinen und Weinen in Umstellung in der Schweiz und die Prämierung der Besten haben für uns von VINUM einen sehr hohen Stellenwert. Sie zeigt, welche dynamische Qualitätsentwicklung in der helvetischen Biowein-Szene heute stattfindet. Das können wir so sagen, weil der Bioweinpreis dieses Jahr nun schon zum vierten Mal stattfindet. Die Zahl der eingereichten Weine hat mit jeder Durchführung zugenommen. Das beweist, dass die Zeit reif war für so einen Preis. Die Biowein-Szene Schweiz braucht so eine Plattform, um über den bisherigen Kundenkreis hinaus zu zeigen, was sie heute leistet.


Dieses Jahr ist die Zahl der eingesandten Weine um rund ein Drittel auf 213 Weine von 139 im Vorjahr gestiegen. Wie erklären Sie sich diesen Zuwachs?

Der kontrolliert-biologische Anbau ist heute kein unkalkulierbares Abenteuer mehr, sondern eine bewährte, etablierte Anbaumethode. Darum steigen jetzt auch zunehmend Winzerinnen und Winzer, die lange konventionell gearbeitet haben, auf Bio um. Bei Spitzenproduzentinnen und -produzenten ist dieser Trend noch verstärkt feststellbar.


Das Profipanel hatte Weine aus sieben Kategorien (traditionelle und Piwi-Rebsorten, Cuvée und Weine mit Restsüsse) zu bewerten: Wodurch zeichnen sich die diesjährigen sieben Siegerweine aus?

Alle Weine sind komplex und «trinkig» zugleich. Interessant ist, dass Weine aus pilzwiderstandfähigen, so genannten Piwi-Sorten, heute fast schon gleich hoch bewertet werden wie Weine aus klassischen Sorten wie Chardonnay oder Pinot Noir. Von den 213 Weinen, die dieses Jahr im Rahmen des Bioweinpreises verkostet worden sind, haben knapp mehr als die Hälfte eine Note von 15 und mehr Punkten erreicht. Das ist ein erfreulicher Wert. Unsere Ausbeute an empfehlenswerten Weinen war damit ebenso hoch, wie wenn wir konventionelle, also nicht biologische Weine verkosten. Der Anteil der biologischen Weine in unserer Datenbank wächst kontinuierlich.


Wo liegt das grösste Wachstumspotenzial für den Absatz von Bioweinen?

Ich denke, in der Reformhaus- und der grünen Bio-Szene, also dort, wo Biowein aus grundsätzlichen, ethischen Überlegungen getrunken wird, ist der Markt weitgehend ausgeschöpft. Künftig werden vor allem die klassischen Weinliebhaberinnen und -liebhaber mehr Biowein trinken: Weil sie merken, dass der biologische Anbau die individuelleren und in positiver Weise eigenständigeren Weine hervorbringt. Der positive Effekt für das Ökosystem Rebberg ist dabei nicht der zentrale Punkt, aber ein willkommener Mehrwert.


Wie schätzen Sie die Entwicklung für die nächsten Jahre ein?

Der biologische Anbau hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Immer hochwertigere Maschinen wie etwa High-Tech-Mäher und bessere organische Präparate führen dazu, dass heute jeder Winzer, jede Winzerin die Arbeiten im Rebberg genauso gut biologisch bewerkstelligen kann wie konventionell. Darum wird sich der Trend zum biologisch produzierten Wein weiter verstärken.


Welche Rolle spielt dabei die Verleihung des Schweizer Bioweinpreises?

Es gibt unzählige Weine auf dem Markt. Konsumentinnen und Konsumenten brauchen deshalb Orientierungshilfen, auch beim biologischen Wein. Wichtig ist auch, dass sie merken, dass in der Schweiz heute mitunter qualitativ ebenso gute oder gar bessere Bioweine produziert werden als im trockenen und warmen Mittelmeerraum, wo die Rahmenbedingungen theoretisch besser wären. Auch im Bioweinmarkt wird der Konkurrenzkampf zunehmen. Darum ist der Bioweinpreis eine perfekte Plattform, um auf die Qualitäten der heimischen Bioweine, und solcher in Umstellung, hinzuweisen.


Welchen Tipp würden Sie einem skeptischen Konsumenten geben, der einen Biowein probieren möchte?

Kaufen Sie sich einen der Chardonnays oder Pinot Noirs, die im diesjährigen Finale des Bioweinpreises mit dabei waren, oder auch einen der vielen Entdeckungen mit neuen Rebsorten. Vergleichen Sie diese Weine mit konventionell produzierten Gewächsen, die Sie bisher getrunken haben. Ich denke, danach ist der Fall klar.

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