Kartoffeln mit Schale essen - ja oder nein?

16. September 2020

Welche Teile der Kartoffel sind geniessbar? Und wie bereitet man sie zu? Esther Kern, Autorin und Gemüsescout weiss: Kartoffelschalen bringen viel Geschmack in die Küche. Doch nicht immer sollte man die Schale von Kartoffeln essen.

Frische Kartoffeln werden von vielen mitsamt der zarten Haut verspeist. Doch bei Lagerkartoffeln sind viele unsicher. Oft höre ich die Frage: Ist die Schale von Kartoffeln giftig oder nicht? Im Rahmen meines Buchprojekts «Leaf to Root – Gemüse essen von Blatt bis Wurzel» habe ich viel über die Giftigkeit von Pflanzenteilen geforscht.

Nachtschattengewächse, zu denen die Kartoffel gehört, produzieren Solanin. Frühkartoffeln enthalten am meisten dieses Giftstoffs, der Schädlinge abhalten soll. In grossen Mengen tut dieses Alkaloid Menschen nicht gut. Symptome für eine Solanin-Überdosis sind unter anderem Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Auch das Innere der Knollen enthält in Kleinstmengen, die wir gut vertragen, Solanin. Doch wie steht es mit der Schale? Gemäss meiner Recherchen ist ihr Solaningehalt um ein Vielfaches höher als der im Inneren der Kartoffel. Das Gift wird beim Kochen nicht zerstört. Es löst sich bei hohen Temperaturen im Wasser auf. Deswegen sollte das Kochwasser von Kartoffeln nicht weiterverwendet werden. Auch Frittieren kann Solanin nichts anhaben.

Kartoffeln kochen - mal mit, mal ohne Schale

Deshalb empfiehlt etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung in Deutschland, dass insbesondere kleine Kinder «keine ungeschälten Kartoffeln essen sollten». Beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit in Bern heisst es: «Bei jungen Kartoffeln mit unverletzten Schalen kann die Schale verzehrt werden.»

In meinem Haushalt wird mal geschält oder gepellt, mal nicht, je nach Rezept – und natürlich essen wir nicht täglich grosse Kartoffelmengen. Ofenkartoffeln backe ich mit Schale, sie schmecken einfach besser. Und als Tipp: Für Rösti schäle ich Kartoffeln nicht, sondern raffle sie ungeschält – was für eine Zeitersparnis!

Für mich aber klar: Wenn die Schale mitgegessen werden soll, kommen nur frische, unverletzte Bio-Kartoffeln in den Topf, da die konventionell produzierten mit chemisch-synthetisch hergestellten keimhemmenden Stoffen behandelt werden dürfen.

Sind Kartoffelkeime giftig?

Der Solaningehalt in den Keimen ist nochmals höher als der in den Schalen. Zwar habe ich Keime im Rahmen meiner Arbeit schon gegessen – aber ich weiss zu wenig und empfehle sie definitiv nicht zum Verzehr, zumal sie kulinarisch nicht viel hergeben. Hingegen habe ich keine Bedenken, Kartoffeln zu verwenden, die bereits keimen. Ich nehme die Keime ab und esse die Kartoffeln trotzdem. Auch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit schreibt: «Kartoffeln, die leicht keimen, können gegessen werden.»

Grüne Kartoffeln kommen nicht auf den Tisch

Bei allen befragten Köchen, Experten und Verbraucherinnen ist aber eines klar: Grüne Kartoffeln gehören definitiv nicht auf den Teller. Sie schmecken nicht nur bitter, sie sind auch giftig, da die grünen Teile viel Solanin enthalten. Sind nur einige Stellen betroffen, sollte man diese grosszügig herausschneiden.

Wie lagert man Kartoffeln richtig?

Kartoffeln sollten kühl, trocken und dunkel gelagert werden. Je länger die Knollen dem Licht ausgesetzt werden, desto mehr Solanin bilden sie. Temperaturen bis zu zehn Grad vertragen Kartoffeln gut, darüber beginnen sie zu keimen und können grün werden. Tipp: Kartoffeln lassen sich gut in einem Leinenbeutel im Kühlschrank lagern.

Rezepte mit Kartoffelschale

Mein Wissen um Rezepte mit Kartoffelschalen hat mich kulinarisch bereichert. Ich mag den Geschmack von gerösteten Schalen (mit etwas Öl und Salz im Ofen). Eine Erleuchtung war für mich die Kartoffelschalen-Bouillon von Freddy Christandl. Der Spitzenkoch hat mit Bauer Marcel Heinrich die Bergkartoffeln aus dem Albulatal in der Schweiz gross gemacht. Für seine Suppe röstet er Kartoffelschalen im Ofen und kocht sie dann aus. Toll auch ein Rezept von Nils Osborn: Der ehemalige Küchenchef des Restaurants Spitz in Zürich ist verantwortlich für die kulinarische Entwicklung und Food Innovation bei der SV Group. Nils Osborn aromatisierte Milch mit gerösteten Kartoffelschalen und bereitete damit eine Art Dulce de Leche mit Kartoffelaroma zu.

Text: Esther Kern

Teilen